Multinationale Anwendung und auch für Fahrzeuge von bis zu 3,5 Tonnen geeignet: die neuen Telemaut Boxen von Bip and Go&Co sind bei Reisemobilfreunden stark im Kommen. Doch was taugen Bip&Go und die anderen Anwendungen? Wir stellen die drei derzeit gängigsten Telemaut Systeme vor.
Wer mit dem Camper ins Ausland fährt, weiß, wie lästig das Warten an den Mautstationen sein kann. Gerade zu den Hauptreisezeiten bilden sich an den Autobahnen oft lange Schlagen. Staus entstehen meist beim Bezahlen: weil Bargeld fehlt, die Kreditkarte nicht akzeptiert wird oder sich ein Fahrzeug in die falsche Bezahlspur eingeordnet hat.
Schneller und angenehmer kommen Fahrzeuge mit einer sogenannten Telemaut Box voran: das Gerät, das man an der Frontscheibe montiert, wird an der Kontrollstelle automatisch per Funkverbindung erfasst. Die Schranke öffnet sich, und die Gebühren werden online abgerechnet. Weiterer Vorteil: Meistens gibt es für die Fahrzeuge mit Systemen wie Bip and Go eigens gekennzeichnete Spuren, auf denen der Verkehr viel zügiger fließt – vorbei an den Fahrzeugen auf den Spuren für Bar- oder Kreditkartenzahler. Ein weiterer Vorteil: einige Mautsysteme belohnen die Verwendung von Mautboxen durch einen Preisabschlag.
Eine Autobahn-Maut gibt es in zahlreichen europäischen Ländern. Dabei muss man zwei unterschiedliche Systeme unterscheiden: Bei sogenannten offenen Systemen bezahlt man pauschal für einen bestimmten Zeitraum, die gefahrenen Kilometer spielen dabei keine Rolle. Ein Beispiel ist die Vignette, wie sie in Österreich oder der Schweiz vorgeschrieben ist. In einem geschlossenen System dagegen wird nach den zurückgelegten Kilometern abgerechnet. Dazu werden die Fahrzeuge zweimal erfasst: bei der Einfahrt in den mautpflichtigen Bereich und bei der Ausfahrt.
Hier setzen Telemaut Boxen an, die Lastkraftwagen und Reisemobile mit einem höheren Gewicht von mehr als 3,5 t schon länger benötigen - für Wohnmobile unter 3,5 t stand die Technik bis vor kurzem noch nicht zur Verfügung.
Außerdem gibt es in Europa bislang zahlreiche unterschiedliche Telemaut Systeme, meistens nur bezogen auf ein Land. Von einer zumindest EU-weiten Vereinheitlichung ist man noch weit entfernt. Stattdessen arbeiteten Systeme wie die österreichische Videomaut, Telepass in Italien, Télépéage in Frankreich oder Telepeaje in Spanien völlig getrennt voneinander und unabgestimmt. Ein einheitliches System, um die Maut zu bezahlen, fehlt.
Die neuen Systeme, die hier vorgestellt werden, integrieren zumindest einige der Telemaut Systeme und zwar in einigen der attraktiven südeuropäischen Reiseländern. Außerdem stehen sie nun mithilfe der Mautboxen von Bip and Go und anderen Anbietern auch für Fahrzeuge von weniger als 3,5 Tonnen bzw. einer Höhe von weniger als drei Metern verfügbar. Das macht sie für Wohnmobilfreunde attraktiv. Der Campingausrüster Fritz Berger hat Anfang 2023 die drei gängigsten Systeme miteinander verglichen und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Die ADAC Mautbox ist vergleichsweise klein und wird mit einer Klebehalterung an der Frontscheibe befestigt. Um sie zu nutzen, muss man nicht ADAC-Mitglied sein. Es gibt auch keinen Vorzugspreis für Mitglieder. Vielmehr handelt es sich bei diesem Angebot um eine Kooperation des Clubs mit dem Spezialisten für elektronische Mauterfassung maut 1, das für alle Interessierten offen steht und das auch maut 1 zu denselben Konditionen wie der ADAC vertreibt.
Neu ist, dass neben den vier genannten Ländern, seit Juli 2023 auch Kroatien mit dem System angefahren werden kann – allerdings vorerst nur mit Fahrzeugen bis zu einer Höhe von drei Metern. Diese Höheneinschränkung gilt auch für Frankreich.
Im Gegensatz zu den Telemaut Mitbewerbern setzen ADAC und maut1.de auf ein einheitliches und damit sehr übersichtliches Preissystem, das nicht nach Nutzungsdauer oder -umfang differenziert. Ob die Mautbox nur in einem oder in allen fünf Ländern verwendet wird, spielt für den Abopreis keine Rolle. Dieser beträgt 19,90 € im Jahr sowie 5 Prozent auf alle erfassten Mautgebühren. Die Box kostet einmalig 19,90 € zuzüglich 3,90 € für den Versand. Der Vertrag wird mit maut 1 geschlossen – der Name des ADAC für die Box nutzt den hohen Bekanntheitsgrad des Autofahrerclubs.
Die beiden Internetportale von ADAC und maut 1 sind von den Inhalten her identisch und informieren umfangreich. Es gibt auch ein Servicetelefon. Erhältlich ist die ADAC Mautbox online sowie in den Geschäftsstellen des ADAC und in Reisebüros.
Der Name Bip&Go leitet sich vom Bip-Ton ab, der immer dann ertönt, wenn das Mautgerät an einer Mautstelle erfasst wird.
Die Mautbox heißt bei Bip and Go „Badge“, dazu gehören auch die Scheibenhalterung sowie eine Schutzhülle. Diese Hülle verhindert die Erfassung durch eine Mautstelle – somit kann man mit Bip&Go von Fall zu Fall auch anders bezahlen, wenn man das möchte, obwohl sich die Box an Bord befindet.
Mit Bip&Go kann man ebenfalls in die vier Länder Frankreich, Spanien, Portugal und Italien fahren, und auch hier gilt die Einschränkung von maximal drei Metern Fahrzeughöhe. Hinzukommt bei Bip&Go, dass das System auch auf zahlreichen Fährverbindungen sowie Parkplätzen funktioniert.
Der Badge von Bip&Go kostet eine Aktivierungsgebühr in Höhe von 10 bzw. 14 €, abhängig von der Anzahl der gewählten Länder, zuzüglich Versandkosten von Frankreich nach Deutschland in Höhe von 10 €. Darüber hinaus lassen die Konditionen von Bip&Go viel Spielraum zur individuellen Preisgestaltung. Denn die Kosten sind abhängig von der Anzahl der unterstützten Länder sowie der Nutzungsdauer. In der Basisversion gilt der Badge ausschließlich in Frankreich. Dabei hat man die Wahl zwischen einem jährlichen Pauschalpreis von 16 € oder einer monatlichen Gebühr in Höhe von 1,70 €, die nur für die Monate anfällt, in denen man auch fährt. Spanien und Portugal kann man gegen einen Aufpreis von 2,50 € und Italien für weitere 2,50 € hinzubuchen. Die Aktivierung für diese drei Länder kostet noch einmal pauschal 10 €.
Die Mautbox von Bip&Go ist über einen Onlineshop erhältlich. Das Portal liefert übersichtlich alle nötigen Informationen.
Das Unternehmen Tolltickets bezeichnet sich als Europas Marktführer für Telemaut Systeme mit mehr als 500.000 Kunden. Seit 2007 vertreibt es verschiedene Lösungen zur Mautabrechnung für zahlreiche europäische Länder. Ein Alleinstellungsmerkmal bei den Anwendungen von Tolltickets ist die Verknüpfung mit dem Sprachassistenten Alexa. Dadurch erhält der Nutzer auch allgemeine Informationen, und Vignetten lassen sich per Sprachbefehl kaufen.
Tolltickets bietet zum einen eine Telemaut Box für die skandinavischen Länder Norwegen, Schweden und Dänemark an sowie eine weitere für die Länder Portugal, Spanien, Frankreich und Italien. Es werden auch Boxen für diese vier Länder einzeln angeboten. Für schwere Wohnmobile über 3,5 Tonnen oder Fahrzeuge mit mehr als drei Metern Höhe gibt es für Frankreich und Spanien eine eigene Mautbox. Tolltickets bietet einen Tarif Go! für ab 5,90 € pro Monat sowie einen Tarif Tour für ab 13,90 € im Jahr an. Hinzu kommen bei Go! 4% vom Mautbetrag, bei Tour sind es 3%.
Die Bestellung der Telemaut Box ist ausschließlich online möglich. Darüber hinaus gibt es im Shop auch ein großes Angebot an Vignetten. Tolltickets ist Partner des Automobilclubs AvD.
Wer sich für eine der drei Telemaut Anwendungen entscheidet, sichert sich mit den Systemen neben dem bequemen Bezahlen auch einen weiteren Vorteil: sie aktualisieren sich ständig selbst entsprechend den gerade gültigen Bestimmungen in den Ländern. Die ändern sich nämlich sehr häufig, und Tarife vom Vorjahr können sich rasch als veraltet erweisen. Dem Nutzer eines der drei Telemaut Systeme kann das egal sein.
Die neuen Telemaut Systeme sind eine echte Erleichterung für Wohnmobilfreunde, vor allem für die, die gern in die europäischen Mittelmeerländer fahren. Die elektronische Erfassung spart Zeit und schont die Nerven. Günstiger fallen die Mautgebühren durch die Nutzung der neuen Telemaut Systeme freilich nicht aus, im Gegenteil: der Komfort der Boxen hat seinen Preis. Dieser fällt bei Bip and Go am günstigsten aus, da hier kein prozentualer Anteil an den Mautgebühren anfällt.
Die Tester von Fritz Berger Camping haben zu den Angeboten der drei Telemaut Systeme folgendes Fazit gezogen: Die Mautbox von ADAC und maut1.de punktet mit der übersichtlichsten Preisgestaltung. Wer diese Mautbox jedoch nur wenige Male pro Jahr nutzt, fährt verhältnismäßig teuer. Günstiger für Wenigfahrer ist dagegen die Mautbox von Bip&Go. Nutzt man dieses Gerät nur innerhalb eines Monats und ausschließlich in Frankreich, fallen lediglich 21,70 Euro an. Der Bestellprozess ist jedoch aufgrund der verschiedenen Preisoptionen etwas umfangreicher und somit komplizierter. Das Angebot von Tolltickets hat seit dem Test durch Fritz Berger Camping nachgezogen und ist inzwischen auch über Skandinavien hinaus verfügbar. Insofern ist den beiden anderen Systemen damit eine neue Konkurrenz erwachsen.
Und wer schwerer ist … ?
Telemaut Systeme sind für Fahrzeuge bis maximal 3,5 t bzw. 3 Meter Höhe geeignet. Für Wohnmobile, die schwerer bzw. höher sind, gibt es ebenfalls Mautboxen, hier zwei Angebote:
Ebenfalls über den ADAC erhältlich ist eine länderübergreifende Telemaut Box für große Wohnmobile und Fahrzeuge von über 3,5 t. Entwickelt wurde sie in Zusammenarbeit mit DKV Mobility. Diese Telemaut Box kann derzeit bereits 11 europäische Mautsysteme in neun europäischen Ländern abrechnen. Dazu gehören: Italien, Deutschland, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Österreich, Spanien, Portugal, Polen sowie die Warnowquerung in Rostock, der Herrentunnel in Lübeck und der Liefkenshoektunnel in Belgien. Weitere Länder und ausgewählte Brücken in Skandinavien folgen (Stand Oktober 2022).
Die Telemaut Box, die unter den beiden Namen DKV BOX EUROPE bzw. ADAC XXL Mautbox angeboten wird, kostet 99,- € pro Jahr zzgl. 5% des Brutto-Mautumsatzes. Daneben ist eine Aktivierungsgebühr von einmalig 19,90 € fällig.
Auch Maut 1 bietet für Wohnmobile mit einer Höhe von mehr als drei Metern eine weitere Telemaut Box an, mit der man Italien, Frankreich, Spanien und Portugal sowie Österreich ansteuern kann. Außerdem funktioniert sie auch im belgischen Liefkenshoektunnel sowie auf den Fähren in der Straße von Messina sowie auf ausgewählten Parkplätzen. Die Aktivierungsgebühr dafür beträgt ebenfalls 19,90 €, zuzüglich 3,90 € Versand, die Jahresgebühr 74,90 €.
Text: Gerd Henghuber
Quelle:
Fritz Berger Camping